Jacaranda
Lesung und Gespräch mit Gaël Faye
Es bieten sich nicht oft Gelegenheiten, Künstler zu treffen, deren Werken man bewundert. Am Abend des 25.09.2025 hatten Interessierte die Möglichkeit, den renommierten Autor Gaël Faye im Literaturhaus zu treffen. Dort sprach er über seinen neuen Roman Jacaranda, seine Inspirationen und Erfahrungen. Und auch einige Schülerinnen und Schüler aus dem Basiskurs Französisch des KOSt konnten das Gespräch mit Faye hautnah im vollbesetzten Saal miterleben.
Sein Debütroman Petit Pays (dt. Kleines Land) machte Gaël Faye 2017 zum Nachwuchsstar der französischen Literaturszene. Der Roman erhielt u.a. den Prix Goncourt des Lycéens, den Prix du premier roman français sowie den Literaturpreis der Handelskette FNAC. 2020 verfilmt, gehört der Roman seit 2025 zum Pflichtkanon des Leistungsfachs Französisch in Baden-Württemberg, was an diesem Abend sicherlich auch die Präsenz vieler Französischkurse aus unterschiedlichen Schulen in Stuttgart erklärte.
Der Roman Jacaranda (2024 in französischer Sprache erschienen, 2025 in deutscher Übersetzung) handelt vom Wiederaufbau Ruandas nach dem dortigen Völkermord. Der Roman wurde mit dem Prix Renaudot ausgezeichnet und für den Grand Prix du Roman sowie den Prix du roman FNAC nominiert.
Während des Gesprächs herrschte eine angenehme Atmosphäre, da Faye in einem ruhigen Tonfall und einer sehr verständlichen Sprachgeschwindigkeit den Inhalt seines neuen Romans auf Französisch vorstellte und ausführlich die Fragen seiner Interviewpartnerin beantwortete. Er ging ausführlich auf die Ursachen und Folgen des Völkermords in Ruanda 1994 ein. Gaël Faye wuchs in Burundi auf und floh 1995 mit seiner Familie nach Frankreich, als der Bürgerkrieg auch das kleine Nachbarland Ruandas erfasste. Faye erklärte dem Publikum, wie durch die ehemalige Kolonialmacht Belgien das Land künstlich in zwei nicht wirklich existierende Ethnien geteilt wurde, die Hutus und die Tutsis. Nach einem langjährigen Konflikt eskalierte diese künstliche ethnische Trennung 1994 durch das Attentat am ruandischen Präsidenten, für das die Tutsis verantwortlich gemacht wurden. Gewalttaten breiteten sich rasch über das ganze Land aus, und in kurzer Zeit wurden 800.000 bis 1.000.000 Tutsi und oppositionelle Hutu getötet.
Faye erzählte, wie sich sein neuer Roman mit den Folgen und der Mentalität der Ruander nach dem Genozid beschäftigt. Seiner Meinung nach hat sich in den vergangenen Generationen Ruandas ein Schweigen verankert, welches die Erinnerung an den Genozid verhindert und somit auch ein Bewusstsein und eine Lehre für zukünftige Generationen nicht ermöglicht. Er hofft, dass die Begriffe Tutsi und Hutu nie wieder als kulturelle Barriere zwischen seinem Volk wahrgenommen werden und dass sein Roman zur Erinnerung und zur Überwindung dieses Schweigens beitragen kann. Der Name seines Romans, der Jacaranda-Baum, steht nicht nur für eine Kindheitserinnerung für Faye, sondern symbolisiert auch Ewigkeit und das Bestehen, das Bezeugen der Natur Ruandas gegenüber dem menschlichen Handeln. Im Roman wird die Handlung durch das Fällen eines Baumes in Gang gesetzt, wodurch Gespräche über die Vergangenheit erst möglich werden.
Durch das Vortragen einiger Passagen aus dem Roman konnte das Publikum Teile dieser Handlung miterleben. Ich möchte Ihnen bzw. euch, den Lesern, jedoch nicht zu viel verraten, denn es lohnt sich, den Roman selbst zu lesen, um in diese Welt einzutauchen und ein fremdes Land zu erleben.
Am Ende der Lesung verabschiedete sich Gaël Faye unter tosendem Applaus. Anschließend blieb er noch auf der Bühne, um seine Romane zu signieren und Fotos mit interessierten Gästen zu machen. Wir dürfen gespannt bleiben – als Nächstes will sich Faye wieder mehr seiner Musik widmen. So ganz nebenbei ist er nämlich auch ein berühmter Rapper.
